Bekennen oder schrumpfen?

Bekennen oder schrumpfen?

Die großen Kirchen in Deutschland schrumpfen. Das ist keine Neuigkeit. Aber warum schrumpfen sie?

Die erste Erklärung die mir einfällt: demographischer Wandel: Wenn weniger Menschen geboren werden als sterben, dann werden auch weniger getauft als begraben. Aber das würde ja nur dazu führen, dass die Kirchenmitgliedszahlen sich in etwa parallel zur Gesellschaft bewegen.

Das ist aber nicht der Fall. Nach einer neuen Freiburger Studie sind zwei Drittel der Mitgliederverluste auf nicht-demographische Ursachen zurückzuführen. Das heisst konkret: Leute treten aktiv aus oder lassen ihre Kinder nicht mehr taufen.

Die Kirche als Dienstleisterin

In welchem Alter treten die meisten Menschen aus? Nicht etwa als Jugendliche, weil die Kirche nicht mehr relevant für sie ist. Von den Männern zwischen 20 und 34 treten mit über 5% bei weitem die meisten aus. Warum?

Besonders häufig und besonders schmerzlich sind die Austritte dann, wenn junge Leute ins Erwerbsleben eintreten und kirchensteuerpflichtig werden. Sobald die Kinder geboren sind, erscheinen die Angebote der Kirche wieder plausibler – aber in der Zwischenphase klafft eine Lücke.

Reinhard Bingener (FAZ)

Die Kirche wird anscheinend mehrheitlich als Dienstleisterin wahrgenommen. Ich zahle einen Preis für eine Leistung. Und wenn der Preis höher ist als der Nutzen, dann kündige ich eben. Wie eine Versicherung, die zu teuer geworden ist.

Der Nutzen ist also zu gering. Versuchen wir also mehr gesellschaftlich relevantes zu tun und politisch genehmes zu sagen! Aber wofür braucht es dafür eigentlich eine Kirche? Wenn die Kirche nicht mehr unterscheidbar ist vom lokalen Rotarierclub oder einer Partei, dann ist sie unnötig wie ein Kropf. Dann müssen wir uns nicht wundern, dass sie nach dem Wert ihrer Dienstleistung bemessen wird. Alleinstellungsmerkmal verloren. In der Wirtschaft stünde dann wohl eine Übernahme oder eine Fusion mit anschließender Rationalisierung an. Der Wettbewerb im sozialen und politischen Metier ist hart – und die Kirchen haben nicht gerade die beste Ausgangsposition: komplizierte Strukturen, gesellschaftspolitische Me-too Strategie und langsame Entscheidungswege wären wohl einige Probleme die der ökonomische Analyst konstatieren würde. Dabei war es nicht immer so.

Der Schatz der Kirche

Was war es eingentlich, dass Menschen dazu bewogen hat für diesen christlichen Glauben in den Arenen Roms bei den wilden Tieren zu sterben? Was motivierte christliche Mönche im heidnischen Europa Klöster als Zentren des Glaubens und der Kultur zu gründen? Warum eigentlich gibt es in Ländern wie Nordkorea Christen, obwohl es verboten ist und bestraft wird?

Dieses Etwas muss diesen Menschen sehr wertvoll (gewesen) sein – kann es sein, dass genau dieser Wert in unseren westlichen Kirchen verschwindet? Verwaltung und Politik können die Kirchen. Das ist auch notwendig. Aber es reicht nicht.

Was ist zu tun? Von den Leitern der großen Kirchen höre und sehe ich keine Strategie – es scheint mir eher, da wird der momentane Status quo verwaltet. Management. Da braucht es scheinbar den Kolumnisten der FAZ um die Sache auf den Punkt zu bringen:

Der Grundstein für eine Zukunft kann nur an der Basis mit einer überzeugenden Verkündigung gelegt werden, nicht mit Organigrammen.

Reinhard Bingener (FAZ)

Wir müssen uns darauf besinnen, was der Kern des historischen Christentums ist: Eine überzeugende Verkündigung.

Der Kern der Verkündigung

Ja wovon eigentlich? Was verkündigen wir? Welche Botschaft ist Menschen so wertvoll, dass sie buchstäblich jeden Preis dafür zahlen?

Wir verkündigen den auferstandenen Christus. Die Hoffnung eines neuen Lebens. Den Ausweg aus Schuld und Scham. Vergebung und Gerechtigkeit. Ein Gott der wirklich ist. Aber auch majestätisch und unverfügbar. Einer, den wir uns nicht nach unserem Bilde formen, sondern der uns unsere Würde verleiht, indem er uns nach seinem Bild geschaffen hat. Kurz: einen anbetungswürdigen Gott.

Und so heißt es für die Kirche wie zu allen Zeiten: Zurück zum historischen Bekenntnis oder Schrumpfen in die Bedeutungslosigkeit

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